Der Fischkönig aus den Kaiserbädern
Kategorie: Bestes Gastro-Konzept
Der gelernte Koch André Domke hat 2010 sein erstes Fischrestaurant auf Usedom eröffnet.Frische regionale Rohwaren und Zutaten, Verzicht auf Fertigprodukte, familienfreundliche Preise und pommersche Rezepte kennzeichnen seine Küche. Ein Mix, der Erfolg hat – mittlerweile ist Domke mit seinem Konzept an drei Standorten vertreten, mehrere Hundert Sitzplätze in den besten Lagen der sogenannten Kaiserbäder Bansin, Ahlbeck und Heringsdorf stehen für die Touristen bereit. Ein viertes Geschäft soll in diesem Jahr eröffnet werden.
Usedom ist eine Insel in der Pommerschen Bucht in der südlichen Ostsee. Mit durchschnittlich über 1.900 Sonnenstunden im Jahr gilt Usedom als eine der sonnenreichsten Gegenden Deutschlands, weshalb sie vom Tourismus-Marketing der Insel als Sonneninsel beworben wird. Zusammen mit dem bis zu 70 Meter breiten Sandstrand an der Usedomer Ostseeküste, der sich von Peenemünde im Nordwesten über 42 Kilometer bis zur polnischen Hafenstadt Świnoujście im Osten der Insel zieht, bietet Usedom ideale Voraussetzungen für den Fremdenverkehr. Während der Gründerzeit im 19. Jahrhundert entstanden auf der Insel zahlreiche Seebäder – seitdem ist Usedom durch den Tourismus geprägt. Zeugnisse dieser Zeit sind zahlreiche Villen im Stil der Bäderarchitektur sowie die Seebrücke Ahlbeck. Herausragende touristische Zentren der Insel sind im Osten die sogenannten Kaiserbäder Bansin, Heringsdorf und Ahlbeck, die seit der Wiedervereinigung nahezu ständig steigende Gäste- und Übernachtungszahlen notieren.
Und eben hier in diesen drei Orten finden sich die Geschäfte von Fisch Domke, geführt von dem jungen Koch André Domke, der sich in seiner Heimat den Traum eines „Fischkaufhauses“ erfüllt hat. Der Mix aus Gastronomie, Fischfachgeschäft, dem Verkauf von pommerschen Spezialitäten und selbstgemachten Feinkostprodukten hat anhaltenden Erfolg. Auf einer Insel, auf der die Konkurrenz um die Gunst der Touristen hart ist, hat sich André Domke innerhalb von wenigen Jahren ganz nach vorne gearbeitet. 2013 befragte der Usedomer Tourismusverband die Besucher der Insel zum beliebtestes Fischrestaurant – eine Umfrage, die Fisch Domke ganz vorne sah.
Mitarbeiterzahl und Umsatz in 5 Jahren verfünffacht
Angefangen hat die Erfolgsgeschichte im Juni 2010 mit Domkes Fischhus im 1893 erbauten ehemaligen Postgebäude in der Seestraße von Ahlbeck. Hinter der weißen Gründerzeitfassade findet sich im Erdgeschoss ein mit maritimem Beiwerk und zahlreichen Malereien ausgestalteter Gastraum, dem durch seine verwinkelte Anordnung die Größe nicht anzusehen ist. Zusammen mit der Gartenterrasse und den Strandkörben vor der Tür stehen hier etwa 200 Sitzplätze zur Verfügung. „In Ahlbeck haben wir unser Stammhaus mit dem größten Angebot. Dort ist auch die Fischverarbeitung für unsere Gruppe sowie ein Fachgeschäft mit Bedientheke und das sehr umfangreiche Beisortiment untergebracht“, erklärt Domke. 2014 folgte Domkes Lüttes Fischhus in Bansin, das zwar weniger Platz und Auswahl bietet, dafür aber direkt an Europas längster Strandpromenade liegt, die sich über zwölf Kilometer von Bansin bis Świnoujście erstreckt. Im Juli letzten Jahres konnte der Gastronom dann in Heringsdorf sein jüngstes Projekt eröffnen.
„Der Mix aus Gastronomie, Fischfachgeschäft, dem Verkauf von pommerschen Spezialitäten und selbstgemachten Feinkostprodukten hat anhaltenden Erfolg.“
Domkes Fischpavillon ist eines der ältesten Objekte von Heringsdorf, das vor etwa 100 Jahren als gastronomische Einrichtung errichtet wurde, zuletzt als Kino diente und jetzt als Fischrestaurant wieder seiner ursprünglichen Bestimmung zugeführt wird. Der Pavillon aus Holz und Glas bietet innen und außen 140 Plätze und liegt im Zentrum von Heringsdorf, direkt an einer Straße, auf der die Touristen zum Strand strömen. Damit hat André Domke seine gastronomischen Aktivitäten auf der Insel innerhalb von nur fünf Jahren kräftig ausgebaut. Umsatz und Mitarbeiterzahl haben sich auf 1,8 Mio. Euro beziehungsweise 40 Angestellte verfünffacht. Eine Leistung, mit der André Domke vom Unternehmerverband Vorpommern zum Jungunternehmer des Jahres gewählt wurde.
Kein Einsatz von Convenienceprodukten oder Mikrowelle
Grundkonzept von Domke ist der „Verzicht auf industriell vorgefertigte Convenienceprodukte, auf Saucen aus dem Eimer und Fertigprodukte aller Art“, erklärt der Koch. „Die Menschen schmecken das, sie danken es uns, indem sie wiederkommen“, hat er erkannt und berichtet von Stammkunden, die in ihrem Urlaub täglich bei ihm essen kommen. „Wir zelebrieren die typische pommersche Kochkunst, Traditio nelles aus der Region wie Aal in Aspik, Hering in Tomate oder Fischsoljanka und Fischsuppe, aber auch Lachsknacker aus der eigenen Wurstmaschine, Fischsülze mit Räucherfisch und eigene Matjes- Varianten.“ Neben einem Kräuter-Bärlauch- und einem Bruscetta-Matjes hat sich Domke an einen Sanddorn-Matjes gewagt: denn Sanddorn, eine typische Pflanze der Nord- und Ostseeregion, wird auf Usedom besonders intensiv und in zahlreichen Produktformen vermarktet. Auch bei Fisch Domke sind, um nur einige Beispiele zu nennen, Sanddorn-Bonbons in Meerestierform, Sanddorn-Erdbeer- und Sanddorn-Chili-Marmelade im Sortiment.
Fisch Domke ist ein SB-Restaurant, das dank moderater Preise über mangelnde Auslastung nicht klagen muss. Die Fischsoljanka gibt es schon für 4,- Euro. Im Fokus stehen Ostseefische, die das Frische-Image stützen und immerhin ein knappes Drittel des Gesamtgeschäfts ausmachen. Zu den Hauptspeisen, fast durchgehend gebraten serviert, gehören aus dem nahen Meer Ostseehering, Dorschfilet, Flunder, Ostsee-Scholle und Zanderfilet, die oberste Preisklasse belegen Steinbutt und eine „Kapitänsplatte“. Der Kunde ordert an der Theke und erhält einen roten Kunststoff-Hummer, der vibriert und blinkt, sobald das Gericht an der Essensausgabe abgeholt werden kann. Serviert werden nur die Getränke.
‚Oma Domkes Fischkochbuch‘ modern interpretiert
Neben den Ostseefischen finden sich auf der Karte aber auch Lachs, Weißer Heilbutt aus Norwegen, Gelbflossen-Thun aus Sri Lanka oder Schwertfisch aus dem Mittelmeer in verschiedenen Variationen wieder. Um sich ein wenig abzusetzen und auch ein jüngeres Publikum anzusprechen, hat man Gerichte wie zum Beispiel „Pommersche Tapas“, „Bruschetta vom Räucherlachs“ oder „Lachsdöner“ entwickelt, die auf große Resonanz stoßen. „Wir zitieren gerne ‚Oma Domkes Fischkochbuch‘, setzen aber auch auf modern kombinierte Gerichte, um unsere Kunden für frischen Fisch zu begeistern“, beschreibt Domke seine Küche. Und die kann man nicht nur in den drei Restaurants genießen, sondern auch auf Veranstaltungen und Messen, die das Unternehmen als Caterer beliefert. Ob Internationale Grüne Woche in Berlin, MELA in Güstrow, Bootsund Sommerfeste – die Fischbuffets aus dem Hause Domke erfreuen sich großer Wertschätzung und sind auch schon bei offziellen Anlässen beim Landwirtschaftsminister in Berlin zum Einsatz gekommen.
‚Oma Domkes‘ kommt auch bei der Fischfeinkost zum Einsatz
Fischfeinkostsalate in offenen Schalen sucht der Kunde bei Fisch Domke vergeblich. „Die Leute kaufen bei uns lieber vorverpackte Salate“, hat André Domke bemerkt und bietet Fischsalate konsequent im Kühlschrank an. Nach Rezepturen seiner Großmutter lässt er in Bremerhaven Heringssalate unter dem Namen „Oma Domkes“ produzieren: Dill-Joghurt-Happen, Heringshappen Dijon, Sherry-Happen in Joghurtdressing und Freester Heringssalat. Unter der Marke „Fisch Domke“ lassen die Ahlbecker Marinaden in Polen herstellen: Matjes und Rollmops im Eimer, Bismarckhering und Kräutermatjes.
Beisortiment unter eigener Marke „Fisch Domke“
In Fremdenverkehrsorten lassen sich mit einem durchdachten Beisortiment beachtliche Zusatzumsätze generieren. Im Ladenregal finden die Kunden zahlreiche Gewürze, mehrere Sorten Senf und verschiedene Süßigkeiten – von Bonbons in Fischform im Glas („Frische Heringe“) bis zu Marzi panfrüchten in Form von Fisch und Meeresfrüchten. „Mit Senf haben wir ursprünglich selber viel experimentiert, jetzt lassen wir ihn in einer Manufaktur in Thüringen herstellen, die auch für Feinkost Käfer produziert“, verrät der Koch. Mit seinem eigenen Angesicht wirbt André Domke für acht Spirituosen unter dem Familien- Namen – von „Seemannsgarn“ und „Heringsschluck“ bis zum regional unvermeindlichen „Sanddorngeist“ und „Sanddornlikör“, jeweils in der 0,7 und 0,2 Liter-Flasche. „Das Trockensortiment läuft sehr gut“, kommentiert der Inhaber den Regalbestand. Angeboten werden außerdem Salze und Öle, Weine und Kaffee, Gewürze, Suppen, Chutneys und vieles mehr.
Neueröffnung 2016: „Domkes Räucherhalle“ mit 500 Plätzen
Ein Großobjekt will Domke noch in diesem Jahr eröffnen: in dem vollständig umgebauten Gebäude einer ehemaligen Wäscherei in Bansin entsteht derzeit „Domkes Räucherhalle“. Das mit alten Rotziegeln verklinkerte Fachwerkgebäude liegt direkt an der Ahlbecker Chausee. „Hier entsteht eine Erlebnisräucherei. Durch ein Fenster können die Gäste beispielsweise zuschauen, wie filetiert wird“, umreißt Domke das Konzept. Namensgeber ist eine Räucheranlage von Bastra. In der Halle werde mit neun Metern Länge „Usedoms längste Fischtheke“ entstehen, Brot und Kuchen kommen aus der hauseigenen Bäckerei. Koch- und Fischlehrgänge sind geplant. Domke: „Was der Urlauber eben braucht.“ Um die Halle mit nicht weniger als 500 Plätzen zu füllen, hat man Busreisegruppen im Auge, denn diese Zielgruppe erreiche man derzeit noch nicht.